Positionspapier: Entbürokratisierung

In einer zunehmend dynamischen und digitalisierten Welt stehen junge Unternehmer und Führungskräfte vor zahlreichen Herausforderungen. Um erfolgreich zu sein, müssen sie innovative Ideen entwickeln, sich flexibel an Veränderungen anpassen und schnell handeln können. Doch oft wird ihr unternehmerischer Elan von bürokratischen Hürden ausgebremst, die ihre Kreativität einschränken und ihre wertvolle Zeit binden.

Um diesem Problem entgegenzuwirken und den Erfolg junger Unternehmer und Führungskräfte zu fördern, ist eine umfassende Entbürokratisierung dringend erforderlich. Der Verband junger Unternehmer und Führungskräfte setzt sich leidenschaftlich dafür ein, bürokratische Hemmnisse abzubauen und eine dynamische Geschäftsumgebung zu schaffen, die Innovationen und unternehmerisches Wachstum unterstützt.

Unser Positionspapier präsentiert einen modernen und zukunftsorientierten Ansatz zur Entbürokratisierung. Wir erkennen an, dass Bürokratie an sich nicht grundsätzlich negativ ist, sondern oft als Instrument dient, um Ordnung und Struktur zu gewährleisten. Dennoch ist es an der Zeit, überholte und unnötige bürokratische Praktiken zu hinterfragen und anzupassen, um den Bedürfnissen junger Unternehmer und Führungskräfte gerecht zu werden.

Präambel

Wir, die Wirtschaftsjunioren Bayern, sind uns bewusst, dass bürokratische Regeln oft aus dem Bedürfnis nach Einzelfallgerechtigkeit resultieren, indem von Verbänden spezifische Lösungen für bestimmte Branchen und Unternehmensgruppen gefordert werden.

In Anbetracht unserer Verpflichtung zur Entbürokratisierung und der Förderung einer unternehmerfreundlichen Umgebung, stellen wir klar, dass wir keine Einzelfalllösungen unterstützen oder fordern werden. Wir erkennen die potenzielle Gefahr, dass solche Lösungen zusätzliche Bürokratie schaffen und die Flexibilität sowie Innovationskraft junger Unternehmer und Führungskräfte einschränken können.

Stattdessen verpflichten wir uns, nach allgemeingültigen und praxisorientierten Lösungen zu suchen. Indem wir auf einheitliche und transparente Richtlinien setzen, möchten wir sicherstellen, dass Bürokratie minimiert wird und junge Unternehmer und Führungskräfte die Möglichkeit haben, ihr volles unternehmerisches Potenzial zu entfalten.

Keine zusätzlichen Belastungen bei Übernahme von EU-Recht

Bei der Umsetzung neuer EU-Regeln haben wir in der Vergangenheit oft gesehen, dass Deutschland zusätzliche Anforderungen hinzufügt, die weit über das hinausgehen, was von der EU vorgeschrieben ist. Diese sogenannte „Goldplating“-Praxis hat oft dazu geführt, dass die Bürokratie in Deutschland zunimmt und die Unternehmen und Bürger zusätzlich belastet werden. Beispiele hierfür sind die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), bei der Deutschland strengere Bestimmungen eingeführt hat als von der EU gefordert, oder die EU-Energieeffizienzrichtlinie, bei der Deutschland weitreichendere Maßnahmen umgesetzt hat als von der EU verlangt. Auch die Einführung eines eigenen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes, das strengere Regeln als die geplante EU-Regelung enthält zeigt, dass Deutschland regelmäßig zusätzliche Belastungen für Unternehmen schafft. Wir fordern daher, dass bei der Überführung von EU-Richtlinien in nationales Recht keine zusätzlichen Belastungen geschaffen werden.

Entbürokratisierung durch Digitalisierung

Nur durch konsequente Anwendung von digitalen Verwaltungsverfahren können bürokratische Prozesse in Deutschland deutlich beschleunigt werden. Dazu braucht es eine umfassende Verwaltungsreform. Alle staatlichen Verwaltungsebenen sollten in diesen Reformprozess integriert werden. Wichtig ist dabei, nicht nur bestehende Prozesse digital abzubilden, sondern insbesondere Verwaltungsprozesse komplett digital zu denken. Dazu gehören Schnittstellen zwischen den Behörden, die es ermöglichen, dass mehrere Verwaltungsstellen gleichzeitig an einem Vorgang arbeiten können und so zu einer erheblichen Beschleunigung der Verwaltungsverfahren beitragen.

Mit dem OZG II und der Verpflichtung für alle Verwaltungsebenen, die Bund-ID zu nutzen, wurde bereits ein sehr wichtiger Schritt in diese Richtung gemacht. Darüber hinaus sollten jedoch auch für gleiche Verwaltungsvorgänge einheitliche digitale Fachverfahren umgesetzt werden. Dies würde für Unternehmen eine erhebliche Erleichterung bedeuten, da viele Unternehmen nicht nur in einem Verwaltungsgebiet tätig sind. Gleichzeitig würden die Kosten zur Realisierung digitaler Verwaltungsverfahren deutlich gesenkt und die Umsetzung könnte schneller erfolgen. Zur schnelleren Realisierung sollte einzelnen Verwaltungsebenen federführend digitale Lösungen entwickeln, die dann bundesweit genutzt werden. Dies können sowohl der Bund, als auch einzelne Länder oder größere Kommunen, die über das entsprechende Know-how verfügen, sein.

Wichtig ist, dass zukünftig alle Fachverfahren auf die in der Bund-ID hinterlegten Daten zurückgreifen können, so dass Unternehmen diese nur einmal zur Verfügung stellen müssen. Unternehmen sollten über die Bund-ID Behörden den Zugriff auf die für das Verwaltungsverfahren relevanten Daten gewähren und nach Erledigung auch wieder entziehen können. Durch den Zugriff auf die Daten der Bund-ID sollten Betriebsprüfungen auch deutlich zeitnäher durchgeführt und abgeschlossen werden. Auch die umfangreichen statistischen Berichtspflichten von Unternehmen sollten sowohl von den Landes- als auch den Bundesstatistikbehörden über dieses zentrale Portal abgerufen werden können.

Insgesamt müssen die festgelegten Ziele zur Digitalisierung der Verwaltung auch im festgelegten Zeitrahmen umgesetzt werden. Erneute Verzögerungen, wie bei der Umsetzung des OZG I, sind dringend zu vermeiden.

Verwaltungsverfahren praxisnäher gestalten

Digitale Verwaltungsverfahren werden häufig nach den Anforderungen der Behörden umgesetzt, ohne diese auf Nutzerfreundlichkeit für die Unternehmen zu prüfen. Dies sorgt oft für komplizierte Verfahren für Unternehmen. Diese sollten daher frühzeitig in die Konzeptionsphase einbezogen werden, bspw. in Digitallaboren. Auch sollte die Nutzerfreundlichkeit regelmäßig evaluiert und ggfs. Anpassungen vorgenommen werden.

KI-Einsatz in der Verwaltung

Um eine nachhaltige Entlastung zu erreichen, fordern wir die Potenziale von Künstlicher Intelligenz (KI) bei Verwaltungsvorgängen zu nutzen. Durch die Automatisierung von Routineaufgaben werden Mitarbeiter entlastet, so dass sie sich auf komplexere Aufgaben konzentrieren können. Zudem werden Daten schneller verarbeitet, so dass sich Bearbeitungszeiten deutlich verkürzen lassen. Durch eine verbesserte Prozess-Transparenz kann den Unternehmen so aktueller Zugang zum Bearbeitungsstatus ihrer Anträge gewährt werden.

Agiles Projektmanagement in der Verwaltung

Die Digitalisierung der Verwaltung erfordert noch stärkere Kompetenzen im Projektmanagement in Behörden. Daher sollte in verwaltungswissenschaftlichen Studiengängen verstärkt Wert auf die Vermittlung von agilen Projektmanagementmethoden gelegt werden. Auch sollte agiles Projektmanagement verstärkt einen Fokus bei Weiterbildungen bilden.

Leistungskriterien für Verwaltungsverfahren und -prozesse

Viele Verwaltungsverfahren sind für Unternehmen intransparent und der zeitliche Aufwand nicht absehbar. Daher sollten für alle Verwaltungsverfahren und -prozesse wie in der Wirtschaft üblich klare Leistungskriterien definiert werden, deren Erfüllung dann auch regelmäßig evaluiert wird. So sollten feste Zeitrahmen für Genehmigungsverfahren oder dem Abschluss von steuerlichen Betriebsprüfungen festgelegt werden.

Digitale Unternehmensgründung

Unternehmensgründung sind in Deutschland mit hohem bürokratischen Aufwand versehen. Ziel sollte sein, eine digitale Unternehmensgründung innerhalb von 24 Stunden inklusive einer Onlinelegitimation zu realisieren. Dazu sind auch digitale notarielle Verfahren notwendig. Mit einem digitalen End-zu-End-Prozess könnte die Gewerbeanmeldung dann über ein Online-Formular erfolgen, nach dem erfolgreich absolvierten Online-Payment sollte den neu gegründeten Unternehmen dann ein digitaler Gewerbeschein mit Steuernummer und UST-ID zur Verfügung gestellt werden.

Arbeitszeit

Mit der geplanten Reform des Arbeitszeitgesetzes wird bisher nur die Zeiterfassung in Angriff genommen. Diese EU-Vorgabe gilt es nun so bürokratiearm wie möglich umzusetzen und dabei keinen neuen Regelungen durch die Hintertür einzuführen. Soweit Vertrauensarbeitszeit den Wünschen der Arbeitsnehmer entspricht, muss diese auch unter den neuen Regelungen weiterhin möglich sein.

Das Arbeitszeitgesetz sollte, wie auch bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, grundsätzlich reformiert werden. Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt in vielen Branchen deutlich digitaler und vernetzter, ortsunabhängiger und flexibler gemacht. Auch die Beschäftigten haben die Möglichkeit zu mobiler Arbeit und Homeoffice stärker genutzt, um etwa Beruf und Familie noch besser miteinander vereinbaren zu können. Die guten praktischen Erfahrungen zeigen, dass Beschäftigte und Unternehmen die Ausgestaltung des orts- und zeitflexiblen Arbeitens stärker selbst regeln sollten. Als junge Wirtschaft plädieren wir daher dafür, die Regelungen zur maximalen Arbeitszeit und zu den Mindestruhezeiten zu entbürokratisieren und zu flexibilisieren und auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden zu setzen.

Elektronische Krankmeldung

Als junge Wirtschaft begrüßen wir den Ansatz, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen elektronisch zu übermitteln. Jedoch wird auch ein halbes Jahr nach der Einführung noch immer von technischen Problemen berichtet. Zudem sollte zu dem bewährten Grundsatz der Bringschuld des Arbeitsnehmers zurückgegangen werden. Dadurch werden Krankmeldungen dem Arbeitgeber früher bekannt und die Planbarkeit erhöht sowie der bürokratische Aufwand zurückgefahren.

Digitale Förderprogramme

Das Interesse der Unternehmen an den digitalen Förderprogrammen ist sehr hoch. Bürokratische Hürden und damit verbundene Risiken sowie lange Bearbeitungszeiten schrecken jedoch viele Unternehmen ab. Dadurch werden Projekte nicht realisiert oder es entstehen bei der Förderung oft nur Mitnahmeeffekte. Um das Ziel der Förderprogramme, Unternehmen dazu zu ermutigen, neue und innovative Technologien einzusetzen, zu erreichen müssen daher folgende Punkte berücksichtigt werden:

Effizientere Antragsverfahren: Ein vereinfachter und transparenter Antrags- und Prüfungsprozess ist unerlässlich. Unternehmen sollen nicht durch übermäßige bürokratische Schritte abgeschreckt werden, sondern ermutigt werden, ihre Projekte schnell umzusetzen.

Innovationsfokus: Die Förderprogramme sollten gezielt auf Projekte abzielen, die Unternehmen ohne finanzielle Unterstützung weniger wahrscheinlich umsetzen würden. Das bedeutet, dass die Förderung als Katalysator für einen intensiveren Schritt in Richtung Digitalisierung dienen muss, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Beschleunigte Bearbeitung: Die Bearbeitungsdauer der Förderanträge muss drastisch reduziert werden. Langwierige Prozesse führen dazu, dass beantragte Projekte veraltet sind, bevor sie überhaupt genehmigt werden, und erhöhen das Risiko von verpassten Chancen.

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